Benzingespräche

Happy Birthday! 40 Jahre T-Modell

Wer sich heute auf dem Supermarktparkplatz umschaut, wird kaum glauben können. dass ein Kombi 1977 noch eine Ausnahme im deutschen Straßenverkehr darstellte.

Ein Kombi, das war ganz klar "ein Auto für Handwerker und Metzger,
Farbeimer und Schweinehälften" schrieb die Oldtimer-Markt in den 90er Jahren so treffend einmal.

Auch wenn von mangelnden Produktionskapazitäten die Rede ist, wenn die Frage auftaucht, warum denn der nett anzuschauende Prototyp der Baureihe W114/115 nie in Serie ging. Auch im Hause Daimler Benz waren die Kombinationskraftwagen
seit dem Heckflosse nichts wirklich neues, jedoch wurden diese Kombis in Belgien bei IMA und in Spanien bei Santos hergestellt.

Jedoch entschieden sich nur um die 3.000 Mercedes Fahrer für einen der in Belgien produzierten "Universale". Teilweise gab es auch skurille Jagd-Kombis auf Basis des W116 als Crayford Estate in England. Der Kombi-Markt war also nicht leicht einzuschätzen.

Somit gehörte zu Beginn der Kombientwickung bzw. Vermarktung im Hause Daimler Benz auch ein wenig mehr Mut und Weitblick dazu, als man das heute vermuten würde. Das Segment der Kombis in der oberen Mittelklasse war damals fest in der Hand von Opel und Ford. Rekord bzw. Commodore und Granada waren in den späten 70er Jahren die typischen Kombis, die es auch mit 6 Zylinder Motoren gab. Audi 100 oder BMW 5er als Kombi gab es wenn überhaupt auf dem Reisbrett, aber nicht als Prototyp. Audi näherte sich dem Thema mit dem 100 avant, der zwar kein Kombi war, aber das Thema Heckklappe auch neu interpretierte. Nicht technisch-gesehen, dafür aber in dieser Fahrzeugklasse.

Da stand es nun 1977 auf der IAA, das "T-Modell" für Transport oder Touristik. So ganz konnte man sich offensichtlich auch in Stuttgart nicht entscheiden, was man mit den "Neuen" in der Modellfamilie jetzt besser konnte, transportieren oder reisen. Wobei das eine das andere ja nicht wirklich ausschließt.

Besonders schön auch das Foto auf dem Limousine und Kombi nebeneinander parken, um zu demonstrieren, dass mehr Platz im Innenraum nicht mehr Platz auf der Straße benötigt.

Mercedes war schon immer Meister im Understatement. So zeichneten sich die Topmodelle immer durch feine Details aus, die sie einerseits vom Basismodell unterschieden, oftmals aber auch erst auf den zweiten Blick auffielen. Eine Chromleiste hier, ein verchromter Aschenbecher dort.Aber auch der 280TE zeigte ganz deutlich, dass bei ihm nicht mehr der reine Transportnutzen im Vordergrund stand.

Die ersten W123 Limousinen waren noch mit primitiver Gummimatte im Kofferraum ausgeliefert worden und sie brachten es auch später nur bis zu einem anthrazitfarbenen Nadelfilz. Ganz im Gegenteil dazu sieht man, dass unser 280TE Fotomodell mit einem geradezu edel anmutenden Veloursteppich im Kofferraum verkleidet ist, passend zur Innenausstattung. Das bedeutete damals aber auch: ein cremefarbenes Transportabteil bei heller Ausstattung.

Aufrüsten konnte man das Transportabteil mit einer klappbaren dritten Sitzreihe für bis zu 7 Fahrgästen, von denen die hintersten beiden, entgegen der Fahrtrichtung, nach hinten herausschauen können.

Damals selten bestellt und heute als Sonderausstattung mindestens genauso begehrt wie Doro. Doro, ist die liebevolle Abkürzung für das Doppelrolle, das einerseits die Fahrgäste vor verrutschendem Gepäck schützt und andererseits das Gepäck als solches vor unliebsamen Blicken bewahrt.

Apropos Sonderausstattungen, auch hier gab es fast nichts, was es nicht gab. Man konnte einen 280 TE ohne Probleme auf S-Klasse Niveau ausrüsten, wobei die sparsamen Schwaben sich seinerzeit auch die Colorverglasung, eine Zentralverriegelung, oder den 5. Gang separat bezahlen ließen.

Wer viel Geld übrig hatte, konnte sich wie in der Limousine z.B.: ABS, Airbag, Klimaautomatic, Fensterheber, Lederausstattung mit Sitzheizung (natürlich separates Extra), Tempomat, Scheinwerferreinigungsanlage oder einfach Leichtmetallräder bestellen.

Womit eins auch heute klar wäre, ein richtig altes Auto ist der W123 nicht. Er fährt, wenn nicht gerade als 200 D, mit Automatik (den 200 Diesel bot man im Kombi erst gar nicht an) souverän im heutigen Verkehr mit und vermittelt seinen Passagieren ein Gefühl von Sicherheit und Gelassenheit. Auch im Komfort muss man eigentlich keine Abstriche machen.

Für einen guten W123 muss man heute ab 7.500 Euro auf den Tisch legen.
Was man dafür erhält, ist ein Stück deutsche Automobilgeschichte.
Nur dieser Mercedes Baureihe war es 1982 vergönnt, einmal am Thron des VW Golf als meist verkaufter PKW in Deutschland zu wackeln.

Mit einer Stückzahl von über 2,7 Millionen Exemplaren ging 1985 tatsächlich die Ära des letzten Chrom-Benz sehr erfolgreich zu Ende, nur die Kenner ahnen es schon: Der Kombi, der gar nicht aus Stuttgart, sondern aus Bremen kommt, der wurde aufgrund der späteren Einführung des T124 ein wenig länger gebaut. Für ihn kam der Schlussakkord im Januar 1986.

Mit knapp 200.000 gebauten Exemplaren darf er durchaus als Erfolgsmodell gelten.

Glückwunsch zum 40.

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