Benzingespräche

Rechtliche Fragen, die Oldtimerbesitzer bewegen

Fälle aus der Praxis
Sie fragen - Experten antworten

 

  • Vereinbarung von Zustandsnoten, Internetinserat

"Neulich habe ich im Internet eine Anzeige für ein wunderschönes Fiat Dino Coupé gesehen, zum absoluten Schnäppchenpreis – da musste ich einfach zuschlagen. Ausdrücklich hieß es in der Annonce: „Das Fahrzeug entspricht dem Zustand 3+ nach den Classic Data Bewertungsgrundsätzen“. Im Kaufvertrag selbst hat der Verkäufer die Zustandsnote dann nicht mehr erwähnt – wir haben aber auch gar nicht mehr über diesen Punkt gesprochen. Bei einer Routineuntersuchung nach zwei Monaten musste ich feststellen, dass an der Unterseite der Kofferraumplatte Rostblasen zu sehen waren. Außerdem war der linke Schweller zum Teil durchgerostet und völlig unfachmännisch verspachtelt. Als ich den Verkäufer hierauf ansprach, wollte er von der angegebenen Zustandsnote nichts mehr wissen – schließlich zähle nur, was auch letztlich im Vertrag stehe. Stimmt das?"

Und das meint der Oldtimeranwalt:
Das wäre ja noch schöner! Natürlich sind auch die Angaben, die der Verkäufer im Rahmen einer Internetannonce macht, für ihn bindend, solange er sie nicht klar und erkennbar widerruft. Dies war hier nicht der Fall, weshalb Ihnen der Verkäufer einen „Dino“ schuldet, der dem Zustand „3+“ entspricht. Die Zustandsnoten bei Oldtimern entsprechen jeweils einem ganz bestimmten, klar definierten Fahrzeugzustand. So darf ein Fahrzeug der Zustandsnote „3“ lediglich normale Spuren der Jahre und kleinere Mängel aufweisen, jedoch keine Durchrostungen. Sind die Rostblasen an der Kofferraumplatte (je nach Ausmaß) möglicherweise noch als „normale Spuren der Jahre“ anzusehen, stellt jedenfalls die Durchrostung des Schwellers einen Widerspruch zu der vereinbarten Zustandsnote und damit einen Mangel dar, dessen Behebung Sie vom Verkäufer verlangen können. Allerdings müssen Sie im Zweifel nachweisen, dass der Mangel bereits vorhanden war, als Sie das Fahrzeug vom Verkäufer erhalten haben.

Von daher lautet der Expertentipp: Dokumentieren Sie Mängel, die Sie entdecken, möglichst unverzüglich schriftlich und per Foto – am besten auch mit Zeugen – und nehmen Sie kurzfristig schriftlich Kontakt mit dem Verkäufer auf!

 

  • Nutzung einer Privatgarage als Werkstatt
„Vor einigen Jahren habe ich meinen Traumoldie erstanden und beschlossen, diesen „in Eigenregie“ zu restaurieren. Hierfür habe ich auf meinem Grundstück eine Garage errichtet, in der ich neben einer Hebebühne auch eine Drehbank und Fräsmaschine untergebracht habe.
Mein Nachbar hat sich nun über eine angebliche Lärmbelästigung beschwert. Ich kann mir dies nicht erklären, da ich die Garage extra noch zusätzlich isoliert habe und durch das geschlossene Tor kaum Geräusche nach außen dringen. Mein Nachbar beharrt aber auf der Auffassung, dass eine Garage nur zum Abstellen von Fahrzeugen zulässig sei und ich dort keine Fahrzeuge reparieren oder restaurieren dürfe.
Stimmt das?“

Das meint der Oldtimeranwalt:
Wie so oft gibt es auch hier die „typische Juristenantwort“: Es kommt darauf an.
Natürlich ist es nicht zu beanstanden, wenn Sie in Ihrer Privatgarage Werkzeug aufbewahren, um dort beispielsweise einen Reifenwechsel o.ä. vorzunehmen.
Allerdings ist hier eine generelle Antwort kaum möglich: Viele Umstände des jeweiligen konkreten Einzelfalles sind entscheidend. So ist etwa von Bedeutung, wann in der Garage Arbeiten ausgeführt werden (tagsüber, während der Mittagszeit, nachts?). Des Weiteren ist wichtig, ob sich die Garage in einem „reinen Wohngebiet“ befindet oder wie die Umgebung nach dem Bebauungsplan (sofern ein solcher existiert) zu nutzen ist.
In jedem Falle müssen Sie natürlich die öffentlich rechtlichen Grenzwerte sowohl hinsichtlich Schallemissionen als auch hinsichtlich sonstiger Beeinträchtigungen der Umgebung oder der Umwelt einhalten.
Schließlich ist (gerade bei einer privaten Garage, die sich oft in einem Wohngebiet befindet) wichtig, dass die Arbeiten am Fahrzeug ausschließlich privat erfolgen und Sie nicht etwa (klein-)gewerblich tätig werden, also etwa Reparaturarbeiten im Auftrag ausführen o.ä.
Wichtig: Allein aufgrund der Tatsache, dass Sie die Garage zulässigerweise errichten konnten, folgt noch nicht, dass Sie diese nach Belieben nutzen können. Auch die Nutzung einer Garage ist durch öffentlich rechtliche Vorschriften grundsätzlich reglementiert und es muss hier sichergestellt werden, dass keine genehmigungspflichtige sogenannte „Nutzungsänderung“ vorliegt, wenn Sie Ihre privat genutzte Garage auch für Werkstattarbeiten einsetzen wollen.
Im Zweifelsfalle bietet es sich immer an, mit den zuständigen Behörden vor Ort die beabsichtigte Nutzung im Vorfeld abzuklären, um möglichem Ärger bereits von Anfang an vorzubeugen und vielleicht laden Sie den Nachbarn einmal auf einen Kaffee oder ein Bier ein…

 
  • Oldie ohne Gurte – Mitverschulden bei Verkehrsunfall?
„Neulich hat mich die Polizei im Rahmen einer Verkehrskontrolle darauf angesprochen, dass in meinem Oldie keine Gurte Sicherheitsgurte vorhanden sind. Zwar konnte ich den Polizisten davon überzeugen, dass in meinem Käfer von 1958 keine Sicherheitsgurte montiert werden müssen. Allerdings gab mir der Polizist den Tipp, trotzdem Gurte nachzurüsten, da mich sonst bei einem unverschuldeten Unfall ein Mitverschulden treffen würde und ich keinen vollen Schadensersatz bekäme. Stimmt das?“


Das meint der Oldtimeranwalt:
Nein. Dies haben deutsche Gerichte schon entschieden. Fahrer und Beifahrer eines Oldtimers trifft in der Regel kein Mitverschulden, wenn sie bei einem unverschuldeten Unfall selbst Verletzungen erleiden, weil sie nicht angeschnallt sind. Wichtig ist allerdings, dass in dem Oldtimer keine Gurte montiert sind und solche auch nicht nachgerüstet werden können. An einer solchen Nachrüstungsmöglichkeit fehlt es u.a. dann, wenn keine Verankerungspunkte für Gurte vorhanden sind.

 

  • Pflicht zum Tragen geeigneter Schutzhelme - Ist ein ECE-Prüfzeichen zwingend erforderlich?
„Ich bin vor Kurzem mit meinem Heinkel Roller angehalten worden, weil der von mir getragene historische Halbschalenhelm nicht zugelassen sei. Es fehle die amtliche ECE-Prüfnummer. Die Halbschale biete keinen ausreichenden Schutz und mangels Zulassung sei ich zu behandeln, als ob ich gar keinen Helm getragen hätte. Dieses Mal ließen die Beamten noch Gnade walten, beim nächsten Mal müsse ich aber mit einem Bußgeld rechnen. Ich kann doch nicht mit einem modernen Vollvisierhelm auf meinem Heinkel-Tourist fahren? Wie sieht denn das aus?"


Das meint der Oldtimeranwalt:
Wenn die Polizisten sich auf das Gesetz beziehen, schauen wir dort einmal nach: Die Straßenverkehrsordnung sieht vor, dass bei Motorrädern und Motorrollern – gleichgültig ob modern oder Oldtimer – ein geeigneter Schutzhelm zu tragen ist. Die Frage, was geeignet ist, also die Buchstaben des Gesetzes erfüllt, muss im Einzelfall geklärt werden. Helme sind persönliche Schutzausrüstungen der Fahrer und nicht Teil der Fahrzeugzulassung, so dass Vergleiche beispielsweise mit Sicherheitsgurten, die für ältere Fahrzeuge vor 1971 nicht nachgerüstet werden müssen, verfehlt wären.
Auf die amtliche Zulassung allein kommt es nicht mehr an: Nachdem früher noch ein „amtlich genehmigter“ Schutzhelm vorgeschrieben war, ist das Gesetz geändert worden, jetzt kommt es nur noch auf die Geeignetheit an. Auch nicht amtlich genehmigte Helme (ohne ECE-Prüfzeichen) können daher verwendet werden, wenn sie eine ausreichende Schutzwirkung aufweisen.
Sicher nicht geeignet sind allerdings Kopfbedeckungen, die zum Motorrad- oder Rollerfahren nicht erfunden wurden, zum Beispiel Bauarbeiter-, Feuerwehr-, Fahrradhelme oder militärische Stahlhelme. Ebenfalls nicht geeignet sind historische Motorradkappen aus Leder. Aber auch „echte“ historische Halbschalen- oder Jethelme bieten nur selten einen adäquaten Schutz für den Kopf des Fahrers, was bei der Frage nach der Eignung entscheidend ist. Durch Materialermüdung, unsachgemäße Behandlung / Lagerung o.ä. kann es zu Schäden in der Struktur des Helms gekommen sein, die ihm von außen nicht anzusehen sind, die Schutzwirkung aber ausschließen.

Kommt es zu einem Unfall, drohen auch finanzielle Nachteile: Das Tragen eines nicht geeigneten Schutzhelms begründet ein Mitverschulden, wenn es zu einer Kopfverletzung kommt, die mit Helm vermeidbar gewesen oder weniger gravierend ausgefallen wäre. Probleme kann es übrigens auch bei fehlender Schutzkleidung geben: Obwohl es keine gesetzliche Pflicht zum Tragen von Schutzkleidung gibt, haben Gerichte bereits entschieden, dass bei ungeeigneter Kleidung ein Mitverschulden des Motorradfahrers in Betracht kommt, da von ihm erwartet werden könne, sich in verständiger Weise vor eigenem Schaden zu schützen. Hier macht es natürlich einen Unterschied, ob man mit Tempo 150 auf der Autobahn oder gemütlich auf einer Nebenstraße unterwegs ist…
Daher raten wir Ihnen – weniger mit Blick auf ein Bußgeld, sondern eher aus Sorge um Ihre Gesundheit: Der alte Helm kann als Deko in die Garage oder ins Wohnzimmer, auf den Kopf sollte ein Nachbau aus aktueller Produktion und gegebenenfalls mit Prüfzeichen. Solche Reproduktionen gibt es auch in der ursprünglichen Form als Jet- oder Halbschalenhelm mit Lederapplikationen.


Stets sichere Fahrt wünschen Ihre Oldtimer-Anwälte
Michael Eckert und Thomas Haas

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