Benzingespräche

Ein Ort voller Geschichte(n)

Immer wieder einmal erlebt man Überraschungen. Als ich gefragt wurde, ob ich Lust hätte, mir mal einen schönen Oldtimer Fuhrpark anzuschauen, wusste ich nicht, dass mich eine derart liebevoll gestaltete Halle erwarten würde. Der Besitzer: Stefan Krieger. Seit Kindheit Oldtimerfan und von Beruf KFZ Mechaniker Meister, außerdem Inhaber und Geschäftsführer des KFZ Betriebs Krieger in Mannheim-Lindenhof. In einem von außen unscheinbaren Gebäude in Mannheim hat sich Krieger einen gemütlichen Rückzugsort geschaffen, der allerhand Geschichte(n) enthält.

Als Zwölfjähriger erhielt Stefan Krieger von seinen Eltern einen VW Käfer, um auf deren Betriebsgelände umherfahren zu können. Das war der Beginn einer großen Leidenschaft für Fahrzeuge. Dieser Käfer ist heute nicht mehr in seinem Bestand, denn Krieger modelte ihn nach einiger Zeit zum Cabrio um. "Bis er irgendwann zusammenkrachte", lacht er. Dann kam alles nach und nach und ohne tatsächlich auf der Suche nach bestimmten Wagen zu sein. Heute ist er stolzer Besitzer eines Fuhrparks aus elf Oldtimern unterschiedlicher Marken, deren Geschichten er Ralf von BELMOT und mir bei einem Besuch erzählte.

Stefan Kriegers Goggomobil Coupé, ein Fahrzeug der Firma Hans Glas GmbH in Dingolfing, die nach ihrem Konkurs von BMW aufgekauft wurde. BMW hat jedoch das Fahrzeug nicht weiterverfolgt und stellte die Produktion ein. Das Goggomobil bei Stefan Krieger gehörte ursprünglich einem alten Bekannten, der zu Lebzeiten nicht mehr in der Lage war, das Fahrzeug zu bewegen. Als dieser verstarb, ging es in Kriegers Besitz über.
Der Zweitakter mit 250 m³ Motor darf mit einem altem Traktorführerschein bzw. mit einem Führerschein für Altersfahrstühle bis 25 km/h bewegt werden. Die Besonderheit ist das Original-Faltdach, das nur ganz selten dabei ist, da es sich um eine Option handelt, die man dazu bestellen konnte.
 
 
 
"Zum daneben stehenden Fiat 600 gibt es eine lustige Geschichte. Ich war mit meiner Familie im Skiurlaub, allerdings lag kein Schnee. Was mache ich also als Oldtimerveteran? Ich kaufe eine Oldtimerzeitung und lese: 150 km von unserem Urlaubsort entfernt stand dieses Fahrzeug zum Verkauf. Ich bin hingefahren, habe mich sofort verliebt und es gekauft."

Fiat 500 sind Kriegers heimliches Steckenpferd. In seinen besten Zeiten besaß er sieben Fiat 500. Heute sind es 'nur' noch drei. "Ich finde sie einfach knuffig und süß. Der Fiat hintendran ist Baujahr 1968, den ich günstig – eigentlich als Ersatzteilträger – gekauft habe. Aber letztendlich habe ich ihn doch behalten wie er war und habe nun zwei fahrtüchtige Fiats.
Der Mini diente zunächst als Pfand, als ein guter Freund Kriegers einem weitläufigem Bekannten Geld geliehen hatte. Als dieser das Geld jedoch nicht vollständig zurückzahlen konnte, ging der Mini in den Besitz des Freundes über, der das Fahrzeug, Baujahr 1991 an Stefan Krieger weiterverkaufte.
 
Das Fahrzeug aus Kriegers Sammlung, das mit sehr vielen Emotionen verbunden ist, ist der 230/6 W114 seines Großvaters. Dieser kaufte das Fahrzeug 1970 als Neuwagen und fuhr ihn jahrelang, bis kurz vor seinem Tod. Die Großmutter übergab das Fahrzeug dann dem Enkel Stefan Krieger. Fast unglaublich: Das Fahrzeug ist bis heute nur 94.000 km gefahren und hat nie ein Autoradio gesehen. Besonders interessant: Die Putzuntensilien und Werkzeugtaschen sind alle noch original und im Kofferraum verstaut. Ein uralter Verbandskasten enthält – heute nicht mehr allzu geläufig – Riechsalz, das Bewusstlosen bei Schwindel- und Ohnmachtsanfällen unter die Nase gehalten wurde und zur Belebung dienen sollte. Statt eines Warndreiecks findet sich eine Warnfackel, die ein Leuchtfeuer abgibt, so wie man es in Amerika häufiger noch sieht. Stock und Schifffahrtsmütze, die Kriegers Großvater gehört haben, liegen auch noch auf der Hutablage. "Der Sechszylinder fährt, macht Spaß. Ich habe bei einer Ausfahrt immer das Gefühl, jetzt chauffiere ich meine Großeltern auf der Rücksitzbank. Es ist definitiv das emotionalste Fahrzeug in der Sammlung."
 
Der Jaguar XJ12, Baujahr 1989 gehörte einst einer wohlhabenden Geschäftsfrau, die das Fahrzeug aufgrund altersbedingter Schwächen nicht mehr so sicher beherrschte. Beim letzten Unfall fuhr sie mit großer Wucht in die Garage hinein und verletzte sich wegen des fehlenden Airbags - zum Glück nur leicht. "Das Fahrzeug war danach jedoch circa 20 cm kürzer." Stefan Krieger nahm sich dem Wagen an, beschaffte die Teile, die ersetzt werden mussten und restaurierte das Schätzchen. "Bis alle Teile beschaffen waren, hat das lange gedauert. Aber das Schöne am Schrauben ist: Man nimmt sich Zeit und wenn alle Teile gefunden sind, geht es weiter. Insgesamt dauerte die Reparatur 1,5 Jahre." Heute sieht man absolut nichts mehr vom Schaden.
 
Als der Anruf vom Schrotthändler kam, erwartete Krieger nicht, dass er damit ein schönes Wiedersehen auslösen würde: Der Schrotthändler hatte den Käfer, Baujahr 1964, aus einer Garage gezogen, weil er verschrottet werden sollte. Aber vielleicht wäre das Fahrzeug etwas für Krieger? Ja, das war etwas für ihn. Krieger kam vorbei, lud ihn ab und warf einen Blick in die Papiere: Er gehörte zu Studienzeiten einer seiner Kundinnen. "Ich hab sie voller Euphorie angerufen. Sie freute sich riesig, kam vorbei und es daraus wurde ein schönes Wiedersehen." Die Karosserie ließ Krieger unberührt. So hat der Wagen nun einiges an Patina, die nicht aufpoliert wird, sondern lediglich gewaschen.

Der älteste Wagen in der Flotte: Ein Ford V8, Baujahr 1940. "So wie er jetzt da steht wurde er für einen Spottpreis von einem Ford Autohaus in Lorsch bei Bensheim verkauft. Jenes Autohaus hat seit dem Eintritt des Rentenalters des Geschäftsführers seine Pforten geschlossen. Vor Toreschluss verkaufte er jedoch alles, auch drei Oldtimer aus der Ausstellungshalle. "Vielleicht kaufte ich hier ein bisschen die Katze im Sack, denn er lief erstmal nicht. Aber es lag nur an Batterie und Flüssigkeiten, die getauscht werden mussten. Der Wagen kam zuvor unrestauriert und verrostet aus Tschechien. Ob er jemals in den USA war, ist nicht bekannt und die Historie sehr verschlüsselt."

Ganz unspektakulär die Geschichte zur Ente: Sie stand in einer Garage, die leergeräumt werden musste. "Sie ist ganz naturbelassen, mit krummer Stoßstange, wie es auch in Frankreich oft der Fall ist. Ich war vor kurzem in Paris und habe dort gemerkt, dass die Handbremse tatsächlich nicht angezogen werden sollte, so dass das Auto für den nächsten Ein- oder Ausparker ein wenig hin- und hergeschubst werden kann." Die Ente wurde und wird übrigens auch bei der Mannheimer 'Nacht der Kunst und Genüsse' als Oldtimer-Transfer-Shuttle von Neckarau nach Lindenhof und wieder zurück eingesetzt.

Fahrzeug Nr.11, einen Jaguar 3,8 S, hat Stefan Krieger 1990 von seinem Vater geschenkt bekommen. Damals war der Wagen komplett zerlegt und noch im alten Lack, nämlich silber. Jetzt ist er British Racing Green. "Mein Vater bat mich, den Wagen so weit zurechtzumachen, dass er ihn im Rentendasein ein bisschen bewegen kann. Leider hat dieser Plan nicht funktioniert, denn mein Vater ist vor zwei Jahren verstorben. Jetzt werde ich das Fahrzeug für meine Mutter fertigstellen."

Krieger legt viel Wert auf die Verschönerung der Halle. Entdeckt er zum Beispiel auf Messen oder Flohmärkten passende Accessoires, werden diese oft Teil der Garage. So erwarb Krieger den Tankwart und die Ölzapfanlage oder andere kleine Gimmicks. "Mir war außerdem wichtig, in der Halle ein Stück Mannheims zu zeigen. Ich habe deshalb Sprayer aus Speyer engagiert, die ganz heiß darauf waren, sich zu verwirklichen." So haben sie die zentrale Straße Mannheims, die Augustaanlage auf Boden als auch Wänden dargestellt. Ein Grasteppich symbolisiert den Mittelstreifen. Die Halle ist so gemütlich eingerichtet, dass sie gut und gerne hin und wieder auch für geschäftliche Events genutzt wird. Am allerliebsten nutzt Krieger sie, um "mal bisschen abzuschalten und den Alltag von sich zu strecken."

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