Besuch bei Classic Depot 54 – der Traum für jeden Mercedes R 107 Fan!
Es gibt Legenden wie den 300SL Flügeltürer, Bugatti T35 oder einen originalen Porsche 911 RS, legendäre Modelle, unnahbar im Autoolymp angekommen. Wer jedoch wie ich, Ralf von BELMOT, in den 80er Jahren groß wurde, ist nicht selten ein Fan der Serie „Hart aber herzlich“ (im Original: Hart to hart), in denen Jonathan und Jennifer Hart das ein ums andere Mal spannende Abenteuer überstehen mussten, damit das Leben als Selfmade-Millionär nicht zu langweilig wurde.

Passend zu einem coloradobeigen 300TD aus dem Hause Mercedes Benz parkte dort nämlich auch ein heliosgelber 450 SL mit einer tabakbraunen Lederausstattung in der Filmgarage.
Abgesehen von einem weißen R107 Modell, mit dem das Film-Ehepaar in einer auf Hawaii gedrehten Folge mit einem roten Maserati Ghibli von der Küstenstraße gedrängt werden sollte (Folge 57: Tod auf Hawaii) und der Folge 95 „Eine Mords-Rallye“ bei der die beiden an der Rallye Akropolis mit einem Hardtop SL unterwegs sind, ist der gelbe 450er vermutlich in allen 108 weiteren Folgen mindestens einmal über den Bildschirm gefahren… Das prägte im Alter von 8 bis 10 meinen Autogeschmack bis heute, als Jahreswagenkind in wechselnden 240D und ab 1985 im 250D unterwegs, war die Affinität für die Marke mit Stern ohnehin gegeben.
Die Serie prägte jedoch nicht nur mich, sondern auch Wolfgang Klauck, der nicht nur bei Mercedes gelernt hat, sondern aus seinem langjährigen Know-How auch sein eigenes Business startete. 2018 war es dann soweit: Klauck eröffnet das Classic Depot 54 auf dem ehemaligen Gelände der Romika Schuhfabrik in der von Nähe Trier.

Manchen Expertenmeinungen zum Trotz, die gerne behaupten, es gäbe keine guten Autos mehr in Amerika, importiert Klauck nahezu ausschließlich Mercedes Benz der Baureihe R107 aus den USA. Jedoch weiß er, dass Tippgeber zwar eine gute Möglichkeit darstellen, an Fahrzeuge heranzukommen, aber er fliegt lieber selbst in die Vereinigten Staaten ̶ die Fahrzeuge in der Ausstellungshalle im ersten Stock belegen dies eindrucksvoll. Rund 15 Prozent des Verkaufspreises kalkuliert Wolfgang Klauck für die Technik. Die Fahrzeuge im Portfolio sind im Zustand alle überdurchschnittlich, somit kommt der Aufwand tatsächlich nur der Technik zu Gute. Restaurierungsobjekte, die zusätzlich Investitionen in Lackierung oder größere Blecharbeiten benötigen, kommen für ihn daher gar nicht erst in Betracht. Das wichtigste ist, dass der Kunde ein zuverlässiges Auto für sein Geld erhält. Der Schwerpunkt der Importe liegt daher auf der letzten Serie ab 1985 und dort auf dem 560 SL mit seinem nahezu unzerstörbaren V8 Motor.
Die Auswahl sei nach wie vor ok in den USA, nur sind die klassischen Schnäppchen eben meist auch schlechte Autos, denn auch im Land der begrenzten Unmöglichkeiten steigen die Preise für richtig gute Fahrzeuge seit Jahren kontinuierlich, ebenso wie die Transportkosten.

Je nach Kundenwunsch kann der Käufer seinen R107 auch mit einem leicht tiefer gelegten Fahrwerk erhalten, auch AMG Felgen, oder europäische Stoßstangen stehen weit oben auf der Wunschliste der Käufer. Das Fahrverhalten mit dem leicht tieferen Fahrwerk und etwas breiteren Reifen, sei wirklich enorm gut, so dass Klauck die Empfehlung bewusst nicht aus optischen Gründen ausspricht.

Auch zwei Mercedes W126 stehen in der Halle und überstehen schnee- und salzfreie Winter entsprechend gut. Immer öfter kommen auch SL der Baureihe R129 über den Ozean zurück, dazu später mehr.
Ein Mercedes Benz W108 hat sich in die Halle verirrt, auffällig die außergewöhnlich gut erhaltene Stoffinnenausstattung. Es handelt sich um ein Kundenfahrzeug aus dem Ahrtal. Die alte S-Klasse stand im Wasser und auch die Innenausstattung war voller Matsch und Schlamm, als das Auto ankam. Das Team von Depot 54 hat sich der Aufgabe angenommen und wirklich tolle Arbeit geleistet: Der Innenraum wurde zerlegt gereinigt. Dies konnte, so Klauck, auch nur deshalb so gut werden, da die Teile unmittelbar bearbeitet werden konnten, bevor sie getrocknet waren und Schimmel oder Stockflecken auftreten konnten. Dann wäre es zu spät gewesen.


Zuletzt noch ein Blick in die Werkstatt: Das Schrauber-Team von Classic Depot 54 besteht aus drei Mercedes-Männern, mit denen Klauck teilweise schon zu Zeiten seiner Ausbildung gemeinsam geschraubt hat und einer „halben Kraft“, die in Teilzeit mitwirkt.
Ein 450 SLC in der edlen Farbkombination silberblau mit blauem Leder wird hier gerade für die Auslieferung vorbereitet. Beim SLC, dem C107, handelt es sich um die Coupévariante, mit längerem Radstand, dem mittlerweile auch mehr Beachtung geschenkt wird, als dies noch vor etlichen Jahren der Fall war. Auch viele relativ passable SLCs wurden ausgeschlachtet um Motoren, Scheinwerfer und Stoßstangen für US-Importe zu erhalten. Immer wieder liest man ja vom W107, den es jedoch nie gab: Es handelt sich beim Cabrio immer um einen R107 also Roadster-Baureihe bei SLC, um die Coupé-Baureihe also folglich einen C107.
Doch noch einmal zurück zur Baureihe R129. In der Werkstatt wird gerade ein articweißer 500SL für den Käufer gereinigt und versiegelt, mit beigem Stoffdach und einer Lederaustattung in dattel. Eine Farbkombination, die dem Auto durchaus gut steht, allerdings diesseits des Atlantiks Anfang der 90er durchaus verpönt war. Laut Klauck ist dieses Auto ein Paradebeispiel für US-Importe aus trockenen Staaten, tatsächlich findet sich auch unter den gerade abgenommenen Beplankungen lediglich Staub aber kein Rost, der vor allem an den Kanten in Deutschland ausgelieferte Modelle befällt.

Hier parkt außerdem ein privates Projekt, ein vom Zustand her zu schlechter 450 SL zur Vermarktung aber optimal geeignet, um ihn auf die Rallyeoptik der 1978er und 1979er Rallyes zu trimmen. Diese Variante wurde auch vom Werk verwendet, dafür das Hardtop jedoch fest mit der Karosserie verbunden.
Apropos Hardtop: Eines der hartnäckigsten Gerüchte, das sich bei allen Modellen des R107 hält:
„Alle Autos wurden serienmäßig mit einem Hardtop ausgeliefert.“ Dem ist nicht so! - was ein Blick in die alten Preislisten aus der Zeit bestätigt. Bis September 1979 gab es das Hardtop lediglich gegen Aufpreis als Sonderausstattung- Dies änderte sich mit der Preisliste 28, gültig ab 13.09.1979. Ab diesem Zeitpunkt musste kein Aufpreis mehr bezahlt werden und eine Heckscheibenheizung war auch inklusive. Wer nun denkt, ein SL aus den 80er Jahren hat also immer ein Hardtop, der kann auch falsch liegen: Unter den sog. „Hinweisen“ ab Preisliste 31 von August 1980 findet sich unter Nummer (9) der Code „210“ der für den Wegfall des Coupédachs einen Minderpreis von 2.486 DM ausweist.
Zum Abschluss verrät mir Wolfgang Klauck noch, dass er tatsächlich einmal kurz davor stand, das Filmauto aus „Hart aber herzlich“ zu kaufen. Der Produzent der Serie übernahm das im Film verwendete Auto und besaß es bis zu seinem Tod. Danach kam es auf den Markt, interessant und historisch genial, so Klauck: „An der A-Säule, also am Scheibenrahmen waren ziemlich viele Kratzer zu sehen, was von der Montage der Filmkameras herrührte und später nie ausgebessert wurde. Allerdings wurde der 450er anderweitig verkauft.
Herzlichen Dank an Wolfgang Klauck, für das tolle Gespräch.
Euer Ralf von BELMOT
P.S.: Offensichtlich gelangte eines der beiden Filmautos aus Hollywood nach Deutschland
Ein weiterer Blogartikel zum Thema Oldtimerverkauf: