Benzingespräche

Zwei Pioniere mit Leidenschaft für klassische Fahrzeuge

1972 gründete Arthur Bechtel aus Leidenschaft für Oldtimer ein Handels- und Serviceunternehmen für klassische Automobile, "Arthur Bechtel Classic Motors." 2010 holte er seinen Sohn Tim als geschäftsführenden Gesellschafter mit ins Boot. Heute führen die beiden das Unternehmen mit Hauptsitz in Böblingen und einem weiteren Standort in Köln gemeinsam weiter mit dem Ziel, Oldtimer als wichtiges Kulturgut in alle Kontinente der Erde zu bringen. Tim Bechtel sprach mit BELMOT über seine Leidenschaft für Oldtimer und seine Rolle als Chef.

Wenn der Vater mit dem Sohne... Ausfahrten mit dem Oldtimer unternimmt, kann dies das Leben des Sohnes tiefgreifend prägen. So auch im Fall Arthur und Tim Bechtel. 
1972 gründete Arthur Bechtel aus Leidenschaft für Oldtimer ein Handels- und Serviceunternehmen für klassische Automobile, "Arthur Bechtel Classic Motors." Damit wagte er einen mutigen Schritt, existierte in ganz Europa bis dato noch kein Markt für klassische Automobile. Es stellte sich jedoch schnell heraus: Er hatte den richtigen Riecher. Von Beginn an war seine Selbständigkeit von Erfolg gekrönt.
1988 wurde sein Sohn Tim Bechtel geboren und dieser gleich mit Oldtimern bekannt gemacht. So schwappte die Leidenschaft sehr schnell auch auf Tim über.
2010 war die Zeit reif: Arthur Bechtel holte seinen Sohn als geschäftsführenden Gesellschafter zu sich ins Boot. Heute führen die beiden das Unternehmen mit Hauptsitz in Böblingen und einem weiteren Standort in Köln (Eröffnung des Standortes München: 2019) gemeinsam weiter und verfolgen das Ziel, Oldtimer als wichtiges Kulturgut in alle Kontinente der Erde zu bringen. Tim Bechtel sprach mit BELMOT über seine Leidenschaft für Oldtimer und seine Rolle als Chef.

BELMOT: In der Gesellschaft zeigt sich ein klares Bild: Es gibt immer mehr ältere Menschen, und immer weniger junge. Dies trifft auch auf die Oldtimerbranche zu. Es lässt sich der Trend beobachten, dass sich immer weniger junge Menschen für Oldtimer interessieren. Sie stellen die Statistik auf den Kopf. Woher kommt Ihre Neugier und Leidenschaft für klassische Automobile, die vermutlich sogar bereits länger auf der Welt sind als Sie?

Tim Bechtel: Es klingt vielleicht ein wenig abgedroschen aber es ist tatsächlich so, dass ich ein bisschen Benzin im Blut habe, weil ich schon seit meiner Geburt von dem Thema Oldtimer umgeben war.
Mein Vater hat 1972 in dem Bereich begonnen, hat sich selbständig gemacht. Ich bin 1988 geboren und bin tatsächlich von klein auf mit dem Thema aufgewachsen. So besteht natürlich nach einer gewissen Zeit eine persönliche Bindung dazu. Man fährt im Kindesalter auf dem Beifahrersitz mit auf Ausfahrten, das ist natürlich ein Erlebnis, das einen ein Leben lang prägt. Bei mir ist eine persönliche Leidenschaft da, die man mit dem Beruf des Vaters geteilt hat und die dann zum eigenen Beruf geworden ist.

Der Name "Arthur Bechtel" ist in der Branche ein großer Name. Wie fühlen Sie sich, in die "großen" Fußstapfen Ihres Vaters zu treten?
Da wird einem schon eine Ehre zuteil. Trotzdem hat man einen großen Respekt vor dieser Aufgabe. Wie Sie zuvor schon formulierten: Die Branche ist von reiferen Menschen geprägt. Und manchmal muss man um seinen Platz kämpfen, was nicht immer leicht ist. Aber mein Vater steht mir, wenn nötig, natürlich immer noch mit seiner großen Erfahrung und mit Rat und Tat zur Seite, um diese großen Fußstapfen entsprechend zu füllen.

Wie behaupten Sie sich in der doch etablierten, alt-eingesessenen Szene?
Mittlerweile habe ich mir den Respekt erarbeitet. Ich bin zwar noch relativ jung, habe aber trotz meines jungen Alters bereits zehn Jahre, also relativ große, Berufserfahrung. Ich habe mit zwanzig bereits als Gesellschafter und Geschäftsführer begonnen. Insofern kommt man da mittlerweile schnell in die Region, dass man mit seinen Kunden und Geschäftspartnern auf Augenhöhe arbeiten/kommunizieren kann. So wird man dann schon sehr ernst genommen, trotz seines jungen Alters.

Für welchen Oldtimer schlägt Ihr Herz und warum?
Wir beschäftigen uns geschäftlich viel mit der Marke Mercedes Benz. Man hört es wahrscheinlich oft und bei mir ist es auch so: Mein Herz schlägt einfach für den 300 SL, allerdings in der Roadster Version, weil ich einfach gerne offen fahre. Für mich ist er einfach eine absolute Stilikone, ein sehr sportliches Fahrzeug und man sieht ihn nicht an jeder Ecke.

Mal ehrlich: Muss es immer nur der Stern sein oder haben andere Marken auch das Potenzial, zu Ihrem Schätzchen zu werden?
Doch definitiv haben andere Marken auch das Potenzial. Italienische Sportwagen aus den 60er Jahren zum Beispiel. Das sind Wagen, die mich unheimlich begeistern aber durch die immense Wertentwicklung für mich natürlich dann doch sehr weit entfernt sind.

Haben Sie selbst einen eigenen Oldtimer?
Aktuell nein. Ich habe früher mal den ein oder anderen gehabt aber es ist so, dass mein Beruf oder besser, diese Branche, relativ viel Zeit in Anspruch nimmt. Man ist unter der Woche bis spät abends im Geschäft, um Kunden entsprechend zu betreuen, die in der Regel erst abends Zeit haben, am Wochenenden ist man auf oldtimerbezogenen Veranstaltungen, auf einem Concours, fährt bei einer Rallye mit oder ist auf einer Oldtimermesse. Entsprechend wenig Zeit bleibt, um Oldtimer im privaten Bereich zu bewegen. Deshalb ist es eher so, dass ich in der Sommerzeit eigentlich täglich im Geschäft Oldtimer bewege.   

Wird der Arbeitsanzug auch mal gegen den Blaumann ausgetauscht?
Das habe ich in der Vergangenheit tatsächlich schon gemacht, weil ich es einfach faszinierend finde, wie man von Jahrzehnt zu Jahrzehnt den technischen Fortschritt erkennen kann. Das ist ja tatsächlich das, was das Ganze ausmacht. Man muss natürlich entsprechend auch diese Technik verstehen, dann macht es Freude, an seinen Fahrzeugen selbst Hand anzulegen.   

Tagtäglich sind Sie von den schönsten, wertvollsten Oldtimer-Exemplaren umgeben. Bleibt da dennoch Raum für Träume?
Das ist natürlich schwer. Natürlich hat man so eine enge Verbindung zu den Fahrzeugen, wenn man sie täglich sieht. Wenn Sie von morgens bis abends außergewöhnliche Wagen vor dem Büro stehen haben, wird das irgendwann beinahe gewöhnlich. Aber wenn man sie dann auf der Straße fahren sieht, dann ist und bleibt das immer etwas Besonderes. Klar, Träume gibt es. Wie erwähnt, sind es bei mir persönlich dann die italienischen Sportwagen - ein schöner Ferrari aus den 60er Jahren, von dem ich träume und den viele nicht alltäglich zu Gesicht bekommen. 

Wie beginnen Sie Ihren Arbeitstag?
Das hat jetzt nicht so viel mit dem Arbeitstag an sich zu tun aber ich gehe früh morgens gerne mit dem Hund eine Runde im Wald spazieren um etwas Entspannung zu finden, die ja während eines Arbeitstages eher auf der Strecke bleibt.

"Mein Chef ist ..." Mit welchen 3 Eigenschaften würden Ihre Mitarbeiter Sie beschreiben?
Anspruchsvoll (ob positiv oder negativ), mit mir kann man Spaß haben, ich habe keine Distanz zu meinen Mitarbeitern, vielleicht auch aufgrund meines jungen Alters. Beinahe alle Mitarbeiter sind älter als ich. Wir haben aber trotzdem ein sehr vernetztes und freundschaftliches Verhältnis miteinander und ich würde sagen, dass meine Person das ein bisschen ausmacht.

Wie motivieren Sie sich selbst in stressigen Situationen? Wird in der Mittagspause bei Sonnenschein mit dem SL eine Runde gedreht?
Tatsächlich ist das so. Mit dem Oldtimer eine Runde bei Sonnenschein zu fahren, kommt tatsächlich gelegentlich vor. Man fährt 20-30 Minuten mit dem Oldtimer durch schöne Landschaften, um einfach ein bisschen runterzukommen, zu entschleunigen. Das kann mal allein oder auch mal mit einem Kunden oder Geschäftspartner sein. Dafür sind die Oldtimer natürlich bestens geeignet.

Wie viele Mitarbeiter hat Ihr Unternehmen?
Wir haben erst kürzlich eine Filiale in Köln eröffnet, in der drei neue Mitarbeiter beschäftigt sind. Gemeinsam mit Böblingen haben wir aktuell insgesamt 18 Mitarbeiter. 

Welche Serviceleistungen bieten Sie Ihren Kunden?
Diese sind tatsächlich sehr umfangreich. Wir versuchen, unseren Kunden alle Dienstleistungen aus dem Bereich Oldtimer anzubieten: angefangen bei der Finanzierung von Oldtimern über die Versicherung (wie BELMOT). Das geht weiter über Dienstleistungen für sehr anspruchsvolle Kunden, denen wir Transportleistungen anbieten, sei es innerhalb Europas oder auch weltweit, in die USA, nach Asien. Dazu gehört, dass wir auch die gesamte Zollabwicklung vor Ort übernehmen. Außerdem organisieren wir Ausfahrten / Veranstaltungen für unsere Kunden und natürlich gehört auch die technische Seite dazu, also jegliche Werkstattleistungen und Restaurierungen.

Nach welchen Kriterien suchen Sie die Oldtimer aus, die Sie ausstellen?
Hier muss man zwei Bereiche unterscheiden. Zum einen eigene Bestandsfahrzeuge und zum anderen Kommissionsfahrzeuge, die wir im Auftrag von privaten Eigentümern vermarkten. Wir haben inzwischen einen relativ großen Eigenbestand an Fahrzeugen, üblich ist es ja normalerweise, dass Händler Oldtimer als Kommissionsware anbieten. Wir haben das früher auch getan, davon sind wir aber abgekommen, da wir den relativ hohen Qualitätsanspruch ansonsten nicht mehr halten können. Wir haben deshalb unser Geschäftsfeld geändert und kaufen hauptsächlich Restaurationsobjekte, die dann in Eigenregie vollumfänglich restauriert und anschließend wieder zum Verkauf angeboten werden, was natürlich dann immer eine wahnsinnig hohe und gleichbleibende Qualität garantiert.

Welche Prognose treffen Sie für die, sagen wir, nächsten 10 Jahre hinsichtlich der Preisentwicklung und der Nachfrage nach Oldtimern?
Das ist natürlich der Blick in die Glaskugel. Sicherlich kann man versuchen eine Prognose zu wagen, wenn man die letzten Jahre als Referenz nimmt. Kurzzeitig betrachtet, also die letzten 1-2 Jahre, war die Entwicklung sehr rasant, teilweise sind bestimmte Modelle enorm im Preis gestiegen. Mittlerweile hat es sich wieder ein wenig stabilisiert und auf einem gesunden Niveau eingependelt.
Der weltweite Markt hat zukünftig noch gewaltiges Potential, da es aktuell in unzähligen Ländern entweder gar nicht oder nur unter sehr erschwerten Bedingungen möglich ist, klassische Fahrzeuge einzuführen.
Sollten also Einfuhrverbote aufgelöst und ggf. Einfuhrzölle reduziert werden, ermöglicht dies, dass neue Märkte entstehen können -  beispielsweise Taiwan, Korea, Indonesien und Singapur. Dort tut sich aktuell sehr viel, hier beginnt gerade erst ein Boom. Es sind große Märkte, die entstehen und somit eine bereits beginnende große Nachfrage, die sich mit Sicherheit positiv auf die Wertentwicklung der Fahrzeuge auswirkt.

     

Fotos: Mit freundlicher Genehmigung von Arthur Bechtel Classic Motors

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