Benzingespräche

Spezialist für alte Fahrzeugtechnik

Ein BELMOT Interview mit Dipl Ing. Hans-Robert Schramm

Hans-Robert Schramm ist Technischer Referent beim Allgemeinen Schnauferl-Club. Mein Kollege Wolfgang von BELMOT und ich, Ralf, besuchen ihn heute aus zwei Gründen: Zum einen geht es um ein Firmenportrait, zum anderen sind wir gespannt, wie weit der kleine Covert von 1903 gediehen ist.

Dipl.-Ing. Hans Robert Schramm (links) mit Wolfgang von BEMOT (Foto: Ralf von BELMOT)

Hans-Robert Schramm hat das Benzin im Blut bereits mit der Muttermilch aufgesogen. Schon sein Vater erkannte vor mehr als 50 Jahren die Seltenheit und Schönheit mancher klassischer Fahrzeuge. Und so erinnert ein Teil der privaten Sammlung an die Anfänge des Technik Museum in Sinsheim. Neben einem seltenen Marmon Oldtimer steht auch ein mechanisches Orchester und ein mittlerweile über 100 Jahre alter Filmprojektor aus einem Kino.

Zurück zum Covert aus 1903: Wolfgang Presinger, Schramms Clubkamerad aus dem ASC, hatte doppelt Pech bei der 2021 London-Brighton-Fahrt, nach einem gebrochenen Holzspeichenrad, das an Ort und Stelle durch ein Scheibenrad ersetzt werden konnte (!), gab es kurz vor dem Ziel auch noch einen Vergaserbrand, der zwar zügig gelöscht werden konnte, aber dennoch durch Hitze und Löschmittel mehr Teile in Mitleidenschaft gezogen hat, als ursprünglich vermutet.

Covert Baujahr 1903 von ASC-Kollege Wolfgang Presinger

Herr Schramm legt viel Wert darauf, originalgetreu zu arbeiten, Wissen zu erhalten und weiterzugeben. Der erste Patient, ein Mercedes Benz 320 Cabriolet B von 1937 in leuchtendem Korallrot, ist ein gutes Beispiel. Manche Fahrzeuge haben bereits eine Werkstatt Odyssee hinter sich. Mit wechselndem Erfolg, weil vielen auch guten Betrieben schlicht das Know-how fehlt, um sich in 80 oder 100 jährige Technik hineinzuversetzen.

Mercedes Benz 320 Cabriolet B, Baujahr 1937


Die Überlegung, eine Werkstatt speziell für klassische Fahrzeuge, zu eröffnen, kam nicht von heute auf morgen aber früher als bei vielen anderen, die sich heute Oldtimerspezialisten nennen.

Die Firma Medidenta Schramm hat eine abwechslungsreiche Geschichte. Stellte sie Mitte des 20. Jahrhunderts Elektrogeräte wie Ventilatoren her, kam spätestens in den späten 70er und frühen 80er Jahren die Erkenntnis, dass man Geräte in Fernost deutlich günstiger produzieren konnte. Es wurden noch Entwicklungsaufträge für namhafte Produkte ausgeführt, jedoch nahm die wachsende Oldtimersammlung immer mehr Zeit in Anspruch. Parallel wurde das gewonnene Know-how aus der eigenen Sammlung immer interessanter für diejenigen, die zwar Oldtimer besaßen, aber denen schlicht dieses oder jenes Fachwissen fehlte.

Dieser Fundus an jahrzehntelanger Erfahrung, Teilen und Netzwerk macht Herr Schramm und dessen Bruder, der selbst eine Feuerwehrautosammlung besitzt, so einzigartig. Nur wenige Betriebe sind ähnlich breit aufgestellt - in einem Zeitraum zwischen der Messingära nach 1900 bis hin zum eigenen Youngtimer, einem BMW E30, den der Sohn gerade in traumhafter Qualität lackiert hat. So stand für die beiden Brüder fest, dass auch nach dem Tod der Eltern die Sammlung erhalten bleiben und erweitert werden soll.

„Projekte für die nächsten 400 Jahre“ sagte man dem Vater einst nach, ergänzt Schramm: „Ich glaube, 500 Jahre reichen nicht…“  Ein aktuelles eigenes Projekt ist ein blauer Graham Lieferwagen, der mit Firmenschriftzug den bereits aus dem BELMOT Fahrsicherheitstraining bekannten Chrysler Six von 1932 ergänzen soll.

Chrysler Six, Baujahr 1932

Manche Dinge müssen einfach reifen, so erklärt sich, dass eines der privaten Projekte nach fast 60 Jahren Dornröschenschlaf auf behutsame Weise wachgeküsst werden soll. Ein Bugatti Typ 49, der in seiner Formensprache den Aufbau des Royale geradezu vorwegnimmt. Original mit erstem Kennzeichen aus Frankreich; Schramm konnte die Besitzerhistorie bis in die 1940er Jahre ermitteln.

Bugatti Typ 49

In französischen Aktenschränken lagern Dokumente, die Auskunft geben können. Lediglich in Paris gab es bisher noch keine Auskunft. Der Beamte verwies auf baufällige Regale. Ob als Ausrede für akute Unlust, nach etwas zu suchen, oder ob er einem prominenten Erstbesitzer ein wenig Datenschutz gewähren wollte, können wir an dieser Stelle nur spekulieren.

Schnell ist man am Fachsimpeln, wenn es darum geht, wie man auch die Jugend für Vorkriegsfahrzeuge begeistern kann. Ein probates Mittel, so sind wir uns einig, ist das Next Drivers Generation Format von BELMOT, bei dem junge Führerscheininhaber den Grenzbereich von Fahrzeuge aller Baujahren gemeinsam mit Eltern oder Clubkameraden selbst „erfahren“ können.

Hans-Robert Schramm als Kind im Bergmann Tonneau von 1902

Einen ganz besonderen Bezug hat Schramm zu dem Bergmann Tonneau von 1902 aus Familienbesitz. 

Genauso wie er darauf achtet, seinen Sohn und seine Tochter ins Thema klassische Mobilität einzubeziehen, so war er schon in jungen Jahren mit seinem Vater mit diesem Auto unterwegs. Seine Augen leuchten, wenn er erzählt, wie auf Kommando an einer Steigung alle während der Fahrt abspringen mussten, inklusive der Mutter, um den kleinen Motor zu entlasten und ihn anzuschieben.

Heute sind der Vater und sein Sohn dabei, wenn zum Beispiel der ASC zum „Ein- und Zweizylinder-Kriterium“ an der Weinstraße einlädt. Seine Tochter ist mit ihren 15 Jahren ebenso autobegeistert und macht sich als ehrgeizige Beifahrerin bei Rallyes unentbehrlich.

Lieber Herr Schramm, ganz herzlichen Dank für die unzähligen, fantastischen Eindrücke, die wir während dieses tollen Interviews sammeln durften. Hoffentlich auf bald!


Euer Ralf von BELMOT 

 

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