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Von 100 bis 12.000 km - Wie reisen Lebensträume eigentlich?

Ein BELMOT-Interview mit Logistik-Experte und Oldtimerfan Christian Reyer

Eine Versicherung wie die Mannheimer, die ihren Ursprung im Transport hat und heute zu den zehn größten Transportversicherern Deutschlands gehört, muss unbedingt mal ein Interview mit einem weltweit tätigen Transportunternehmen führen. Und wenn das Unternehmen dann noch hauptsächlich Oldtimer verschifft, verfliegt oder per LKW an sein Routenziel transportiert, umso besser. Vor allem für BELMOT-Fans. So unser Plan. Und zufällig meldete sich genau zu diesem Zeitpunkt Christian Reyer bei uns. Der passende Interviewpartner war damit gefunden.

Christian Reyer vor einem seiner aktuellsten Transporte 2021 (Copyright aller Fotos dieser Seite: Reyer Group)

BELMOT: Christian, Du bist Inhaber der Reyer Group, einem weltweit tätigen Transportunternehmen. Welche Transporte führt ihr durch und welche Art von Transporten sind die häufigsten? 
Christian: Wir transportieren Fahrzeugen aller Art, große wie kleine: Moderne PKW, SUV, US Cars, Oldtimer, Youngtimer, Wohnmobile, Busse aber auch Boote. Und diese transportieren wir jeweils über Land, auf dem Seeweg oder als Luftfracht. Am häufigsten und gefragtesten sind tatsächlich Oldtimertransporte.

Wie häufig sind solche Anfrage, sprich, wie viele Transporte übernehmt ihr durchschnittlich pro Monat?
Wir transportieren um die 60 bis 100 Fahrzeuge pro Monat, also etwa 1000 pro Jahr.

Seit wann gibt es die Reyer Group und was waren die wichtigsten Meilensteine auf dem Weg bisher?
Ich bin seit 12 Jahren in der Logistikbranche tätig. Bereits mit 21 rutschte ich durch Zufall in diesen Bereich und hätte nie gedacht, dass es mal mein Lebensinhalt sein sollte. Mein damaliger Chef in München und ich hatten nur etwas verschiedene Meinungen, wie kundenfreundlicher Service auszusehen hat und nach ca. einem Jahr, in dem ich viel gelernt und viele Kontakte geknüpft hatte, war eines morgens mein Schreibtisch leer geräumt…Ich war selbstverständlich geschockt, aber sah dies auch als Chance und so gründete ich mein eigenes Unternehmen, mit Fokus auf Kundenbegeisterung und Servicequalität.

Während meiner 5-jährigen Selbständigkeit absolvierte ich nebenberuflich mein Bachelor und Master Studium in den Bereichen Event- und Sportmanagement, sowie Marketing. Nachdem ich 5 Jahre als Geschäftsführer-Gesellschafter eines mittelständischen Logistik-Betriebs war, habe ich in 2020 meine Geschäftsanteile verkauft und baue seitdem ein neues Unternehmen, mit Hauptsitz in Bayern, auf.

Wie der Name REYER Group – International Car Logistics ahnen lässt, fokussieren wir uns ganz auf den weltweiten Transport von Fahrzeugen, per See, Land und Luft. Und ganz besonders freut es mich, dass einige Kunden bereits seit mehr als 10 Jahren an meiner Seite stehen.

 

Hat sich Dein Unternehmensschwerpunkt Oldtimertransport automatisch ergeben oder war das so von Anfang an gewollt? Bist Du selbst Fan von Oldtimern?
Ja, ich habe eine große Leidenschaft für Oldtimer und hätte gern einen 67er Fastback. Dieser ist aber schwer zu bekommen und finanziell nicht leicht zu stemmen. Außerdem hätte ich gern einen Porsche 911 Turbo, Baujahr 1987. Erstens ist er neben seiner Schönheit mein Baujahr und zweitens war er früher in meinem Quartett-Spiel immer der, der gewonnen hat (lacht). Um diese beiden Autoträume zu verwirklichen, fehlt mir jedoch aktuell noch das entsprechende Budget.

 

Welches war das wertvollste Fahrzeug, das ihr jemals von A nach B transportiert habt?
Das war ein aktueller Ferrari für 3,5 Millionen Euro, der nach Hong Kong geflogen wurde und einen Mercedes Flügeltürer für 1,3 Millionen Euro aus Los Angeles nach Hamburg.

Wahnsinn! Da hat man doch ganz viel Respekt, wenn man weiß, dass man für solch wertvolle Wagen die Transport-Verantwortung trägt… Kannst Du Dich an einen prägnanten Schadenfall in Deiner Laufbahn erinnern?
Ja, natürlich. Aber zum Glück gab es bis jetzt keinen gravierenden Schaden. Einen Totalschaden gab es noch nie. Die Summen beliefen sich bisher auf höchstens 4.000 bis 5.000 EUR. Dies sind zwar auch schon stattliche Summen aber die Fahrzeuge, die ich transportiere, haben einen Durchschnittswert von 50.000 Euro. Im Verhältnis sind 5.000 dann doch nicht so viel. Wenn es jedoch zu Transportschäden kommt, kümmern wir uns um alles, jegliche Korrespondenz mit dem Versicherer etc. Der Kunde muss uns nur den Reparatur-Kostenvoranschlag zusenden, um den Rest kümmern wir uns.
Mir ist wichtig, einen sehr guten Service anzubieten. Denn das ist natürlich auch das, was Kunden weitererzählen: Wenn du im Schadenfall zuverlässig und kundenorientiert handelst, trägt der Kunde dies gerne weiter – obwohl etwas schiefgegangen ist.




 

Hier geht's zum Video des Volvo-Transports

Eure Website ist professionell und trotzdem persönlich gestaltet. Man erlebt Dich im Video und kann sich damit ein Bild von Dir und eurer Unternehmensphilosophie machen. Auf Facebook und Instagram gibst Du Einblick in euren Berufsalltag und die Abwicklung von Kundenaufträgen. Was war dabei Dein persönliches Highlight?
Oh da gibt es schon so einige!
Das war zum Beispiel die Story eines Kunden, der einen Chevrolet Bel Air aus den USA gekauft und über uns verschifft hatte. Er plante einen Heiratsantrag in diesem Auto. Das Ganze geschah unter extremer Geheimhaltung, da das Auto 2 Monate vor dem Antrag ankam und seine zukünftige Frau nichts mitbekommen durfte. Der Kunde musste also den Wagen nach der Ankunft noch verstecken. Zur Story „Geheimprojekt Chevrolet Bel Air“.

Oder auch die Story einer Kundin, die ihrem Mann als Überraschung einen Ford Fairlane Restaurierungsobjekt Houston kaufte. Sie fuhr dann gemeinsam mit ihrem nichts-ahnenden Mann nach Bremerhaven zum Abholen. Er wusste gar nicht, was überhaupt abgeholt werden soll, deshalb war es eine Riesenüberraschung für ihn.

Eine weitere Geschichte hat mich sehr beeindruckt. Ein junger Mann, 21 Jahre alt, ließ von mir einen 1965 Ford Mustang transportieren. Seit seinem 16. Lebensjahr sparte er jeden Monat 250 Euro, damit er sich dieses Auto leisten konnte. Wenn so jemand Dir sein Auto anvertraut und wenn Du merkst, dass der Kunde auch wirklich mit viel Herzblut dabei ist, das sind die besten Geschichten, bei denen es um echte Emotionen geht.

 

Wie würdest Du Deine Kunden darüber hinaus beschreiben?
„Bitte bringen Sie mir mein Auto sicher von A nach B“ – so lautet immer der Kundenauftrag und so wird es gemacht. Meine Kunden sind Privatleute, Unternehmer, Menschen, die froh sind und es total zu schätzen wissen, dass sie einen zuverlässigen Service aus einer Hand erhalten, durch den ihr Fahrzeug von A nach B, weltweit, sicher transportiert wird. Sie müssen sich um nichts mehr kümmern und genau das brauchen sie. Sie besitzen wertvolle, hochwertige Fahrzeuge, schätzen einen guten Kundenservice und feilschen nicht um ein wenig mehr Service und erwarten nicht auf-Teufel-komm-raus noch ein bisschen mehr Leistung. Sie legen Wert auf Klasse und nicht Masse und fühlen sich bei uns gut aufgehoben. Deshalb haben wir auch viele Stammkunden, die die Reyer Group monatlich beauftragen haben. Ein Kunde, ein netter älterer Herr, rief mich vorgestern wieder an mit dem Wortlaut, - „Herr Reyer -ich habs wieder getan…“ – nächste Woche geht’s dann von Zürich nach Norddeutschland.



 

In nahezu allen Ländern der Welt gibt es derzeit Ausgangssperren, Unternehmen sind in Kurzarbeit oder stehen sogar still. Wie stark trifft der Coronavirus die Transport- und Logistikbranche  - und ganz speziell euch?
Ja, es gibt Corona-bedingte Schwankungen. Allerdings sind diese für uns erst zeitversetzt spürbar. Beim ersten Lockdown zwischen März und April haben wir bezogen auf die Auftragslage nichts davon bemerkt. Erst im Mai und Juni, also rückwirkend. Dies ist aber auch ganz einfach erklärbar: Im März und April erreichten uns noch Container mit Fahrzeugen, die einige Wochen zuvor per Container auf See gingen. Als jedoch im Anschluss kein neuer Container in See stach und demensprechend nichts bei uns ankam, war dies für uns dann doch spürbar. Dies betraf aber eher normale Fahrzeugtransporte. Diese sind auf jeden Fall weniger geworden. Oldtimertransporte haben interessanterweise hingegen sogar etwas zugenommen, da viele ihr Geld sinnvoll anlegen wollten und dann in einen oder mehrere Oldtimer investiert haben.

Ich würde gerne noch ein paar Fragen zum Transport an sich stellen: Findet der Transport im geschlossenen oder offenen Hänger statt und wie erfolgt zum Beispiel die Sicherung und Bewachung auf Parkplätzen?
Das kommt darauf an, was der Kunde möchte. Manche bestehen auf einen geschlossenen LKW, andere wollen dann doch so günstig wie möglich transportieren und erhalten deshalb einen Transport auf dem offenen Hänger. Dies möchten auch manchmal die Hochpreis-Kunden und erlauben auch, im Container noch ein weiteres Auto auf die nächste Ebene zu stellen, das spart 100 Dollar. Andere Kunden sind anders. Kürzlich verschickte ich eine Corvette C2 nach Miami. Sie kam ursprünglich im geschlossenen LKW aus Bukarest nach Bremerhaven, und wurde dann natürlich auch im Einzelcontainer von uns nach Miami verschickt.

Werden die Fahrzeugwerte und der Zustand des Fahrzeugs vor dem Transport festgestellt?
Ja, vor dem Transport findet eine Wert- und Zustandsprüfung statt, also eine Bestandsaufnahme mit Bildern und einem Zustandsbericht, dem sogenannten „Car Condition Report“. 
Als wir zum Beispiel den 3,5 Millionen Euro Ferrari nach Hongkong gebracht haben, haben wir vor dem Transport einen Sachverständigen kommen lassen, der eine vernünftige Bestandsaufnahme mit Wertgutachten erstellt hat.

In der Regel lassen wir jedoch kein extra Wertgutachten erstellen, da ist einfach zu aufwendig, zumal es in den unterschiedlichen Ländern auch einfach anders läuft. In den USA gekaufte Autos haben einen Kaufvertrag mit Wertbestimmung über z.B. 45.000 EUR. Dann ist dies die Grundlage, auf der wir die Transportversicherung abschließen. Da wird nicht weiter nachgefragt. Und da der Großteil der Fahrzeuge aus den USA kommt, wäre es utopisch viel, bei 1.000 Transporten pro Jahr ein Wertgutachten für jedes Auto machen zu lassen. Sich drüben in den USA ein Wertgutachten machen zu lassen, das kann man ehrlich gesagt aber sowieso in der Pfeife rauchen (lacht).

Wie viele Mitarbeiter kümmern sich um die vielen Transporte und hast Du Pläne, noch zu wachsen?
Wir sind aktuell zu dritt und bauen den Standort in Bayern auf.
Auf lange Sicht plane ich, eine Halle mit einem umfangreichen Oldtimerservice dazu zu bauen. Wir sind 50km von München entfernt, in Autobahnnähe und nur 30 Minuten Fahrtzeit von den Alpen entfernt. Viele meiner Kunden kommen direkt aus München oder dem Umland. Mein Ansinnen ist, hier eine Halle zu haben, in der ihre Oldtimer langfristig stehen können. Auf Wunsch tanken wir voll, bieten einen Bring- und Rückholservice, wenn jemand z.B. am Gardasee liegen bleibt…Ich habe noch so einige Ideen.

 

Vielen Dank, Christian. Wir sind sehr gespannt und werden gerne nochmal für euch BELMOT-Fans berichten, wie es weitergeht.

 

Das Interview führte Isabelle 

 

 

 

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