Benzingespräche

Interview mit Kfz-Mechatroniker und Oldtimerfan Tilbert Großmüller

Vom schweren Geschütz zum filigranen Kulturgut

Tilbert Großmüller kennt sich als ehemaliger Panzermechaniker und Kranführer nicht nur gut mit schwerem Geschütz aus, er hat als selbständiger Kfz-Mechatroniker auch ein Händchen für Old- und Youngtimer. In diesem Interview verrät er uns mehr über sich, seine berufliche und persönliche Leidenschaft zu (klassischen) Fahrzeugen und gewährt uns einen Einblick in seine persönliche Geschichte.

Bildrechte: Tilbert Großmüller (links im Bild: Tilbert)

BELMOT: Was waren die Auslöser für Deinen Berufswunsch als KFZ-Mechatroniker und für Deine spätere Selbständigkeit?
TG: Ich habe schon sehr früh Interesse am Schrauben gehabt. Mit 15 Jahren haben meine Freunde und ich regelmäßig an unseren Mofas und Mopeds geschraubt und das hat uns allen wirklich viel Spaß gemacht. Dieses Interesse und die frühen Erfahrungen mit Fahrzeugen und Motoren waren dann eben auch der Auslöser für meinen Berufswunsch und schließlich auch meine Berufswahl.
Da ich die Entscheidungen meiner früheren Chefs während meiner Ausbildungszeit nicht richtig fand wusste ich bereits während der Ausbildung, dass ich eine eigene Werkstatt haben muss.

Du nennst die Entscheidungen Deines früheren Chefs als Auslöser für Deine Selbständigkeit. Welche Entscheidungen waren das und in wie fern wolltest Du es anders machen?
Im Lehrbetrieb schien mir der Meister zu umständlich bei Karosseriearbeiten. Später, während meines Meisters wurden oft unnötige Teile oder Arbeiten wieder verkauft, die vorher teuer bezahlt werden mussten. Das wollte ich eben dann später mal anders machen. Wer ist nicht gerne sein eigener Herr ;-) ?!

Wie war Deine Laufbahn vor der eigenen Werkstatt und wann hast Du Dich dazu entschlossen Dein eigener Herr zu werden?
Meine Lehrzeit war von 1980 bis 1983. Anschließend habe ich drei Jahre als Geselle im Lehrbetrieb gearbeitet. Danach war ich zwei Jahre bei der Bundeswehr als Panzermechaniker und Kranführer tätig. Und später arbeitete ich dann nochmal als Geselle bis ich 1990 bis 1991 die Meisterschule besuchte und dort dann zwei weitere Jahre als Meister gearbeitet habe. 1993 habe ich diesen Betrieb dann selbständig übernommen.

Toyota Cressida (Tilberts Oldtimer)                                   Landrover (Kundenfahrzeug)

Du bietest in Deiner Werkstatt auch Reparaturen für Oldtimer an. Privat besitzt du selbst einen Klassiker. Was war zuerst da: deine private Leidenschaft für (klassische) Fahrzeuge oder deine berufliche Tätigkeit mit (klassischen) Automobilen?
Na ja, die Fahrzeuge die in meiner Jugend neu oder aktuell waren, sind heute eben Oldtimer. Ich bin wohl in der Zeit hängengeblieben.
Ich kann nicht genau sagen, wie viel klassische Autos ich schon hatte, der letzte „Alte“ den ich noch habe ist ein Toyota Cressida aus 1983, der damals mit den großen Mercedes und BMW mithalten konnte (vergleichbar mit Lexus heute). Mein erstes Auto war mit 17 ein Fiat X19 und mit 18 dann ein BMW 5er, da mein Chef mir damals keinen Opel Commodore verkaufen wollte.

Gibt es eine persönliche Geschichte hinter diesem Fahrzeug?
Der Toyota Cressida kam mit einem US-Soldaten aus Californien und der war Erstbesitzer.

Über welche Kundenaufträge freust Du Dich am meisten und weshalb?
Erst mal über alle, aber natürlich gibt es Arbeiten, die sich als besonders problematisch herausstellen. Man muss jedoch sagen, dass gerade diese Arbeiten dann meistens auch die sind, die sich als die interessantesten und herausforderndsten Aufgaben herausstellen.

Kannst du etwas über den VW-Bus und dessen Reparatur und Historie erzählen?
Wir sind seit September dabei ihn auf elektronischen Antrieb umzubauen, allerdings nutzen wir die Umbauten, wenn mal nicht so viel los ist, als Lückenfüller. Der VW-Bus gehört eben auch zu einen der herausfordernden Reparaturen. Die mechanischen Arbeiten sind zwar nicht schwierig, als nächstes kommen jetzt jedoch die Komponenten für den Elektroantrieb und da wird es dann einiges neues geben.
Zu der Historie kann ich leider nicht viel sagen, ich weiß nur, dass er auch aus Californien kommt.

Die Technologien werden heutzutage immer komplexer, inwiefern hat denn der Nachwuchs-Mechatroniker noch Kenntnisse zu Reparatur von alten Fahrzeugen?
Nachwuchs ist in jeder Form schwierig ;-) aber keiner der jungen Mechatroniker ist in der Lage an einem Oldtimer den Vergaser oder die Zündung einzustellen. Diese Technik wird leider an diese Generation nicht mehr vermittelt.

Wie stellst Du Dir die Zukunft diesbezüglich vor: Werden Oldtimer und Youngtimer zukünftig nicht mehr repariert werden können, weil sich die junge Generation nur mit aktuellen Autos auskennt?
Doch gottseidank werden Oldtimer und Youngtimer nach wie vor repariert werden können. Aber nur noch von Spezialisten, die dann eben leider richtig viel Geld verlangen.

Und was reparierst du lieber, alte oder neue Fahrzeuge und warum?
Alte Fahrzeuge repariere ich eher zum Spaß und die neueren Fahrzeuge um dann wirklich Geld zu verdienen, da es meistens Standardarbeiten sind, die durchlaufen und nicht so viel Zeit beanspruchen, wie die Reparaturen an Oldtimern.

Wenn du dir eine Sammlung zusammenstellen könntest und Geld spielt dabei keine Rolle, welche drei Autos würdest du wählen?
Puhhh, schwer zu sagen. Einen Mustang aus 1967,Camaro aus 1969 und einen Opel Diplomat aus 1965. Alle mit dickem V8 Motor.

Hast du eine Lieblingsstrecke, die du mit deinem Oldtimer am liebsten fährst? Wenn ja, welche?
Früher bin ich gerne in die Pfalz, den Odenwald oder in den Urlaub gefahren. Mittlerweile ist mir die Lust vergangen. Der Verkehr wurde immer hektischer und die Straßen immer voller, das macht dann leider irgendwann keinen Spaß mehr.

Gibt es Tage in deinem Leben, an denen Autos, Motoren oder deren Historie keine Rolle spielen? Welche Hobbies hast du neben den Autos noch?
Gottseidank ja! War aber nie so ausgeprägt wie bei manch anderen. Meine Hobbys sind mit meiner Frau zu kochen, unser altes Motorboot, die Motorräder, wobei ich an beiden auch gerne Schraube und in Garten und Haus zu arbeiten.

 

Vielen Dank für das schöne Interview! Die Idee zum Interview hatte unsere Praktikantin Leonie, die das Interview auch führte.

 

Hier finden Sie weiter Interviews auf diesem Blog

Christian Reyer - Von 100 bis 12.000 km - Wie reisen Lebensträume eigentlich?

Robert Babor - Dunkelgrün und schnell

Margret Meincken - V8 Motoren: Die bedingungslose Liebe einer Frau

Zum Anfang