Benzingespräche

Team BELMOT auf emotionaler Achterbahnfahrt

ArabellaClassics Route 2019

Aufregung, Freude, Coolness, Toughness, Hoffnung, Desillusionierung, Anpackermentalität. Was für eine Fahrt das BELMOT Team auf der Arabella Classics 2019 erlebte, hat Patrick Stadter - geprägt von Emotionen - für Sie zusammengefasst.

Foto: Mannheimer Versicherung AG

Tag 1)
Donnerstag: Anreisetag.
Ich lade den Käfer morgens auf den Hänger, verzurre ihn sauber und fahre dann nach Fuschl los. Zugwagen ist mein Audi A6, der Firmenwagen. Alleine ist das immer bisschen nervig, weil man beim rückwärts auf den Hänger fahren nichts sehen kann. Heckmotoren sollten ja immer rückwärts verladen werden, das stabilisiert das Gespann. Und man muss immer wieder austeigen, um zu kontrollieren, dass auch wirklich alle Räder sauber auf die Auffahrtsschienen kommen. Aber: Klappt! Die Fahrt voll OK, ein kleiner Stau, aber das wusste ich bereits. Die Arabella App hat mich sogar davor gewarnt. Das nenne ich Service. Nach 2,5 Stunden komme ich im Hotel an, lade schnell ab und fahre den Käfer in die Garage. Nach dem Check-in im Hotel finde ich 'ne geile Rallyejacke von GEOX auf dem Zimmer. Hurra, sie passt, das ist bei mir eher ungewöhnlich :-).

Im Hof stehen dann schon die anderen Teilnehmer und warten auf die Abfahrt der Busse zum Fahrerbriefing. Das sind inzwischen fast alles alte Bekannte. Die Arabellafamilie ist stabil, die verlässt man nicht. Man fühlt sich einfach wohl.
Das Fahrerbriefing findet im K.U.L.T, dem Kulturzentrum von Hof statt. Neben den üblichen Erklärungen (ich höre nicht zu - real men don`t need instructions) schauen wir einen ca. 30-minütiger Film mit den Highlights aus 10 Jahren Arabella an. Was haben wir gelacht...
Am Abend dann der traditionelle Empfang in der Schloss-Remise mit Abendessen. Dresscode ist leger, die meisten kommen in Tracht. Ich natürlich auch, hatte sogar beide kurzen Lederhosen dabei, man weiß ja nie :-).
Nach dem Essen gehen alle an die Hotelbar, die Party beginnt. Hier wurden schon öfters die Karrieren von echten Rallyetalenten beendet, bevor es überhaupt losgegangen ist. Ich bin kein Talent mehr, gehe aus Sicherheitsgründen aber trotzdem um kurz vor 1 Uhr nachts ins Bett. Nicht nüchtern, aber halbwegs bei Sinnen.

Tag 2)
Wir fahren einen 30 PS Käfer. An jeder Steigung werden wir also superlangsam und verlieren Zeit. Die haben wir aber nicht. Wenn alle immer fragen, ob Vorzeiten erlaubt sind, lachen wir insgeheim. Wir fahren gegen die Sollzeit. Die ist echt knapp für uns. Also können wir uns keine Wartezeiten vor den Sonderprüfungen erlauben. Wir müssen ganz früh auf die Strecke. Das will aber jeder, weil keiner die langsamen Autos vor sich haben will. Deutsche legen im Urlaub ein Handtuch an den Pool, ich stehe um 06:30 Uhr auf, gehe in die Garage und stelle den Käfer ganz frech direkt vor den Startbogen. Jetzt kann keiner mehr durch, aber ich starte sicher früh. Danach gehe ich frühstücken. Wenn ich jemanden behindere, wird er sich schon melden :-).
Um 09 Uhr geht der erste Wagen auf die Strecke. Wie bitte ist der an mir vorbeigekommen? Egal, soll er losfahren, wir gehen als drittes Team raus. Noch ist es trocken, aber der Himmel sieht gefährlich aus. Kalt ist es nicht, wir haben aber alles an Kleidung dabei, was man brauchen könnte. Von Sonne bis Schnee, das hier ist immerhin die ArabellaClassics.
Die Strecke führt uns über kleine Nebenstraßen zur ersten WP. Zeitfahren den Gaisberg hinauf. Mit 30 PS! Ich kenne die Strecke und weiß, das wird am Ende echt steil. Also fahren wir unten wie die Kesselflicker und kämpfen bis zu 18 Sekunden Vorsprung auf die Sollzeit heraus. Die brauchen wir auch. Im steilen Stück verlieren wir Zeit. Oben am Plateau sind wir schon 2 Sekunden in Rückstand. Also geht’s flockig um die Kurven und wir treffen die Lichtschranke mit einem Rückstand. Aber besser als vermutet. Das kann man aufholen. Inzwischen sind wir ohnehin längst im Wettkampfmodus. Da wird nichts geschwätzt im Auto. Volle Konzentration auf die Straße. Wir suchen die stummen Wächter am Straßenrand. Wir sind so konzentriert, dass uns nicht einmal der Regen mehr stört, wir fahren offen weiter. Jetzt bloß nicht anhalten. Wir haben eine Mission. Team BELMOT will aufs Stockerl.
Die Route ist ein Traum, das 

Wetter ein Albtraum.
Es ist kalt geworden, wir sind durchnässt. Egal, wir machen weiter und wir sind gut. Selbst die Pinkelpausen teilen wir uns ein, keine Zeit verlieren, weiterfahren. Und so kommen wir dann tatsächlich auch als zweites Auto in Altötting an. Einfahrt auf den Kapellplatz. Mit dem Auto. Mitten in DEN bayerischen Wallfahrtsort. Das ist halt auch Arabella. Hier kriechen sonst die Pilger auf den Knien, wir fahren mit dem Käfer ein.

Und: Die Sonne scheint. Volle Kanne. Der Himmel erstrahlt in den Farben Bayerns. Weiß und blau.
Die Organisation hat ein Fahrerlager aufgebaut. In diesem Zelt essen und trinken wir etwas. Alle Teams sind angekommen, es breitet sich bereits die erste Hektik für den Re-Start aus. Wir sind gechillt. Der Käfer steht ganz vorne. An uns kommt keiner vorbei. Also merken wir auch nicht, dass es inzwischen wieder regnet. Super, das Auto ist noch offen. Und jetzt natürlich komplett nass. Wir machen das Dach kurz zu, starten dann aber doch offen. Wir sind Männer, Männer machen solche blödsinnigen Dinge.
Der Nachmittag führt uns dann zurück nach Fuschl ins Hotel. Wieder verlieren wir komplett die Orientierung, wir wissen nicht, wo wir sind, verlassen uns einfach auf das Roadbook. Und wieder führt es uns über kleinste Straßen sicher zum Ziel. Alles stimmt, keine Umleitung ist nötig, nur einmal sind wir unsicher und müssen uns entscheiden. Scharf links oder halblinks? Wir entscheiden uns für scharf links. Als wir 500 Meter weiter einen stummen Wächter im Wald versteckt sehen, wissen wir: Wir sind on track. Alles gut. Weiterfahren.
Nach insgesamt fast ca. 250 km und fast 5,5 Stunden Fahrzeit erreichen wir das Hotel. Schnell den Käfer in die Garage fahren. Dach halb aufmachen. Es soll trocknen können.
An der Feuerwehr, einem zur Bar umgebauten alten Feuerwehrauto, trinken wir im Schlosshof ein Bier, und einen Aperol und einen Hugo. Wo kommt eigentlich der Wein jetzt noch her? Na gut, den nehmen wir noch mit. Aber dann ist Schluss, wir frieren immer noch. Auszeit nehmen, raus aus den Klamotten. Alles stinkt nach Benzin. Unser Auto ist mit 63 Jahren halt auch nicht mehr ganz dicht. Aufwärmen in der Sauna, eine halbe Stunde schlafen und um 19:30 Uhr zum Abendessen. Es steht die Küchenparty an. Jeder Gast holt sich in der riesigen Hotelküche sein Abendessen selbst. Gegessen wird im Stehen, manche sitzen im Speisesaal. Ich friere wieder auf der Schloßterrasse. Aber ich kann mich nicht satt sehen. Dieser Blick über den Fuschlsee. Das Haus steht nicht umsonst hier. Das ist einfach nur der Wahnsinn. Irgendwann bringt der unglaublich aufmerksame Service mir eine Decke. Jetzt geht’s mir gut. Ich bin satt, habe ein Glas Wein, eine Decke (ist unmännlich aber warm) und ich schaue auf den See. In der Bar wird bereits zur Livemusik getanzt. Ohne mich, ich gehe schlafen. Morgen fahren wir auf Sieg.

Tag 3)
Wieder mache ich die Handtuchnummer. Hole den Käfer früh raus. Heute starten wir als zweites Auto. Es ist trocken, aber unglaublich kalt. Wir fahren natürlich offen. Das ist ein Cabrio! Wieder geht es direkt auf die kleinen Nebenstraßen. Mein Beifahrer ist super, er gibt mir präzise Anweisungen. 110 Meter links, 180 Meter rechts, hinter einer kleinen Kapelle. So geht das den ganzen Tag. Der Beifahrer ist das Gehirn, er hat immer Recht. Mein Beifahrer ist ja mein Chef, der hat ohnehin immer Recht, aber hier wiederspreche ich besser nicht. Ein einziges Mal verfahren wir uns. Weil mein Beifahrer gerade abgelenkt ist. Er rechnet innerhalb der Schnitttabelle, die wir gleich brauchen weitere Kontrollzeiten aus und schaut nicht auf den Tripmaster. Wir merken es schnell und drehen rum. So wie die 10 Autos, die uns blind nachgefahren sind. Das ist tricky beim Rallyefahren. Wenn Du Dich nicht immer 100% konzentrierst, dann machst Du Fehler. Und wenn Du hinter einem halbwegs guten Team herfährst, kommt der Schlendrian rein. Wie gesagt, wir merken es schnell, diesen Fehler verdauen wir einfach. Jetzt geht’s es los. Wir müssen auf die Postalm, die ist immerhin bis zu 1.300 Metern hoch. Mit dem Käfer, gegen die Uhr. Auf dem Anstieg werden wir durchgereicht. Bestimmt 25 Autos überholen uns. Der Käfer kämpft, aber wir fallen teilweise bis auf bessere Schrittgeschwindigkeit herunter. Oben liegt Schnee neben der Straße. Halt durch Käfer, Du schaffst das! Wir waren doch schon einmal hier oben, noch 8 Kurven und dann geht’s bergab. Wir schaffen es auch, um dann wieder einmal festzustellen: bergab ist mit einem 63 Jahre alten Auto mit Trommelbremsen auch nicht lustig. Und dann sollen wir noch 48,8 km/h im Schnitt fahren. Da fliegen wir doch von der Straße. Es geht irgendwie, ich habe einen Krampf im rechten Bein und stehe teilweise mit beiden Füßen auf der Bremse. Nie habe ich mich so auf eine Mittagspause gefreut. Weit es nicht mehr. Wir fahren bereits am Mondsee entlang und unser Ziel, das Schloss Mondsee, ist nicht mehr weit. Auto abstellen, ein Wasser trinken und Durchschnaufen. Nach der Mittagspause sind es nur noch 65 Kilometer und dann 4 Runden auf der Rennstrecke Salzburgring. Egal wie müde wir sind, wie geschunden der Käfer wurde, das schaffen wir doch easy. Aber was waren das für zwei Motorruckler vorhin? Müssen wir uns Sorgen machen? Da war nichts. Sicher war nur die Maschine sehr heiß und der Sprit in der Benzinleitung wirft Blasen. Ein Käfer fällt nicht aus.
Kaum sind wir nach dem Restart aus dem Ort, ruckelt der Motor wieder. Jetzt ist der Motor aber kalt, was zum Teufel ist das? Zurück geht nicht mehr, wir sind zu weit und die Zeit läuft. Da muss er jetzt durch, wir tragen den Käfer fast, vermeiden es Gas zu geben, kuppeln bei Bergabfahrten aus und lassen den Wagen rollen. Es wird schlimmer, lange geht’s nicht mehr gut. 25 Kilometer vor dem Ziel halten wir an. Es hilft ja auch nichts, wenn der Motor einen Schaden nimmt. Die Mechaniker sind alle schon am Salzburgring, kommen aber zu uns. Wir bekommen während der Wartezeit den Motor nochmals an und wir schleichen auf das Ziel zu. Noch 20 km, noch 17,5, noch 15 noch 10 und dann ist der Ofen aus. Die leichte Steigung in Flachau ist dann doch zu viel. Wir schaffen sie nicht und rollen rückwärts in eine Haltebucht und müssen zusehen, wie die letzten 30 Autos der Rallye an uns vorbeifahren. Passenderweise schüttet es jetzt wie aus Kübeln. Noch haben wir Hoffnung. Wir vermuten ein Problem mit der Zündung, inzwischen sind die Mechaniker da und schrauben wie die Irren. Alle wollen den Käfer im Ziel sehen. 60 Minuten später läuft er wieder. Nicht ideal, aber er kommt auf eigener Achse weiter. Nicht zum Salzburgring, das Ziel ist inzwischen geschlossen, wir fahren den kürzesten Weg zum Hotel. TEAM BELMOT mit Startnummer 19 ist ausgeschieden, "DNF" wird in der Liste stehen. Das ist uns noch nie passiert. Pannen ja, Komplettausfall nein. Jetzt wissen wir, wie die Jungs von Inca sich fühlen. Die sind noch nie angekommen :-).
Während wir den Käfer verladen, reden wir uns den Ausfall schön. "Das passiert einem doch einmal", "Es ist ein Oldtimer", "Wir haben uns nichts vorzuwerfen, es war doch trotzdem ganz geil". Stimmt alles, aber wir sind einfach nur traurig. Nicht, weil wir natürlich keine Siegchance mehr haben, nein, weil wir sooo kurz vor dem Ziel gestrauchelt sind. Nur 10 Kilometer haben gefehlt. Wären wir nach 10 Kilometer am ersten Tag ausgefallen, hätten wir das leichter akzeptieren können. So hadern wir dann doch mit unserem Schicksal. Bis wir den Käfer samt Hänger auf dem Parkplatz abstellen. Zwischen dem Ferrari mit Zylinderkopfschaden und dem geilen Porsche 356 mit Achsbruch nach Unfall. So schlimm ist unser Ausfall dann doch nicht. Der neue Unterbrecher kostet um die 10 EUR, Kopf hoch, alles ist gut. Wir gehen an die Bar und tauschen uns mit den anderen Teilnehmern aus. Unsere Freunde Remo und Luzzi hat es auch erwischt. Die Lichtmaschine vom Ferrari ist defekt. Und die beiden müssen morgen irgendwie mit dem Auto zurück nach Chur kommen. Am Abend steht fest, die beiden fahren mit Freunden weiter, den Rücktransport des Autos organisiert die Mannheimer. So geht Service!
Nach einem tollen Abendessen im Hotel Jagdhof lassen wir die Rallye in der Schloss-Remise enden. Mit viel Musik und dem ein oder anderen Getränk. Alle Teilnehmer grinsen bis über beide Ohren. War das mal wieder geil hier? Schon werden Pläne für nächstes Jahr gemacht. Ich bin mir sicher, dass das Teilnehmerfeld unverändert wieder am Start ist. Wir werden es auch sein. Nicht mit dem Käfer. Keine Angst, wir sind ihm nicht böse, wir wollen ihn nur nicht noch einmal über die Berge scheuchen. Es ist in einem Alter, in dem er auch mal leiser treten darf. Wir nehmen nächstes Jahr die "Weiterentwicklung" des Käfers, meinen Porsche 911 BJ 1974. Auch luftgekühlt, aber eben ein wenig stärker als der Käfer :-).

Inzwischen steht der Käfer wieder bei mir in der Garage. Ich trockne ihn gerade und dann wird er wieder hübsch gemacht…

 

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Text von Ralf 
 
 

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